Outdoor-Wochenende in Schneizlreuth 2007


   
 
"Begeisternde Abenteuerlust"
 
Erstes Joint Venture (neudeutsch Gemeinschaftsunternehmung) zwischen der Volleyballabteilung der TG Schwalbach und dem Volleyball-Club Liederbach.
Projekt: Grenzerfahrungen im deutsch-österreichischen Gebiet der Berchtesgadener Alpen.

Motto: "Denn Sie wissen nicht was sie tun".

In den Hauptrollen:
Jürgen Fink alias Perry, Stefanie Hild mit Daniel Gerlach und der noch jungen Tante Marion aus Rosenheim, Maike Siemons, Stefanie (Stef) Decker, Susanne (Suse) Woda, Andrea und Dirk Schlusen, Rudolf (Rufeus) Langen.

Am Freitag den 24. August 2007 macht sich bei wunderschönem Spätsommerwetter eine kleine gemischte Gruppe von 9 jungen dynamischen und auch älteren Menschen, die ein wenig verrückt sein müssen, auf den Weg ins 550 km entfernte Schneizlreuth an der Saalach, das in ca. 8 km Entfernung zur österreichischen Grenze zwischen Berchtesgaden, Bad Reichenhall und Zell am See liegt.
Das Abenteuerprogramm für das Wochenende beinhaltet eine nächtliche Fackelwanderung in der Weißbachschlucht am Freitag, eine Höhlentour durch Europas größtes Höhlensystem am Samstag und als Sahnestückchen zum Abschluss eine Canyoningtour am Sonntag.
 

Treffpunkt 10:00 Uhr an der Jahnturnhalle, dem Vereinsdomizil der TG Schwalbach und nicht an der Halle, wo unsere VCL-Damen sonst donnerstags zu Gast sind. Nachdem geklärt ist, wer wo mitfährt, werden die Personen, die Gepäckstücke und der Proviant auf 3 Fahrzeuge verteilt, und um 10:15 Uhr startet der Konvoi. Trotz Freitagsverkehr kommen wir recht gut voran. Dank der Co-Pilotin von Perry, dem Fleisch gewordenen Navigationssystem Suse, wird der erste Etappenstopp spontan am Rothsee bei Nürnberg ausgemacht und eine zweieinhalbstündige Mittagspause mit Badevergnügen und Sonnenbad im Erholungszentrum Grashof eingeschoben. Die Stimmung ist bestens.
Weiterfahrt gegen 16:00 Uhr, die von Suse und Stef mitgebrachte Melone hat überlebt, Ankunft um 18:15 Uhr im Abenteuercamp bei den Straubs in Schneizlreuth oder Schnäutzelreut wie ich zu sagen pflege. Eine wirklich gute Adresse in Sachen Outdoor-Unternehmungen, wie die 3 TGS-Wiederholungstäter uns Restlichen versichern, und wir nach erfolgreichem Abschluss der Unternehmung ebenfalls bestätigen können.
Da sind wir nun in der Welt des Abenteuers angekommen, lassen den Alltag zurück und verzichten von nun an auf den sonst gewohnten Komfort. Die ganz Harten nächtigen zu neunt im Tipi (Indianerzelt) und schlafen auf unterschiedlich dünnen oder dicken Unterlagen - von der Isomatte bis zur Komfortmatratze. Abtrünnig ist nur Rufeus, der Pensionsschläfer, der in einem Sicherheitsabstand von 300 m schnarchen wird. Da uns sozusagen die "Natur pur" umgibt, ist es auch nicht verwunderlich, dass die Kunde von einer gesichteten Ringelnatter (ungiftige Schlange) im Camp für Panik unter den erdnahen Tipischläfern sorgt. Kurzfristig kann das Thema Ringelnatter, durch die Nahrungsaufnahme von Käsespätzle aus der großen Gusspfanne verdrängt werden, wird aber noch das eine oder andere Mal thematisiert, und man ist sich nicht einig, ob die im Tipi gesichteten schwarzen und behaarten Tierchen mit den acht Beinen evtl. unangenehmer sind.    
      Als es dunkel wird, bekommen wir die Gelegenheit, die Käsespätzle bei einer eineinhalbstündigen, romantischen Fackelwanderung wieder abzulaufen. Wir werden mit mehreren geländegängigen Fahrzeugen - wie Sardinen in der Büchse - zum Ausgangspunkt der Wanderung gefahren. Von dort aus laufen wir dann im Schein unserer Fackeln auf einem schmalen, glitschigen, unebenen, steinigen Pfad entlang des Weißbachs durch die Weißbachschlucht hinunter und zurück zum Camp. Allen voran unser Guide Christian, der uns gute Tipps gibt und uns den nötigen Respekt vermittelt.    
Schon bei dieser an sich harmlos anmutenden Tour wird klar, dass man sich auf seine/n Vorderfrau/-mann verlassen können muss, und die Gruppe nur funktioniert, wenn alle aufeinander achten und Rücksicht nehmen. Ein guter Einstieg für das, was uns noch erwartet. Unter uns, teils in stattlicher Tiefe bis zu 20 m, stets der rauschende Bach. Hier erschließt sich schnell, was es bedeutet, einen sicheren Tritt zu haben. Ein falscher Schritt und … aus die Maus. Um 23:00 Uhr erreichen wir glücklich und unversehrt das Camp. Die Hälfte der Gruppe sucht erschöpft die Schlafstelle auf, während die Restlichen noch ein wenig in geselliger Runde bei Vollmond draußen zusammensitzen. Für Einige wird es eine sehr kurze Nacht.
 
Während sich nach dem ausgiebigen gemeinschaftlichen Frühstück die Einen sonnen, fahren andere zum Shoppen nach Bad Reichenhall und wiederum andere machen einen kleinen Abenteuerabstecher zu Fuß in die Natur, um nach dem Mittagssüppchen gegen 13:30 Uhr die Anreise zur 25 km entfernten Lamprechtshöhle in Österreich anzutreten.
 
   
 
    Lamprechtshöhle: Im Reich der Unterwelt!

Franz der wortkarge, jung gebliebene Guide (Baujahr 1937) mit über 30 jähriger Höhlentourerfahrung nimmt uns - nachdem er uns nach 30 Minuten endlich am falschen Treffpunkt findet - in Empfang und sorgt dafür, dass wir die erforderliche Sicherheitsausrüstung erhalten: Helm, Kopfleuchte und Sicherheitsgurt mit Einhängvorrichtung. Als nicht weniger wichtig erweist sich robuste, warme und wasserdichte Bekleidung, da es in der Höhle konstant 4 °C sind. Gutes und stabiles Schuhwerk nicht zu vergessen. Einige bessern dann doch noch mal rasch nach und holen sich ungläubig noch einen Pullover, da es draußen so um die 28 °C warm ist. Nachdem die Ausrüstung stimmt, brechen wir zur dreistündigen Tour auf

Mit ihren 35 km Gesamtausdehnung gehört die Lamprechtshöhle in St. Martin bei Lofer zu den größten Höhlensystemen Europas. Die Berchtesgadener Alpen mit dem leicht wasserlöslichen Gestein aus über 220 Millionen Jahre alten Dachsteinkalken zeichnen sich als Kalkgebirge durch einen außergewöhnlichen und faszinierenden Höhlenreichtum aus. Grund genug für uns, dem Mittelpunkt der Erde etwas näher zu kommen. Wir werden von Franz in Richtung der Schauhöhle geleitet und sind etwas irritiert, als er uns nach einem kurzen Weg von 5 Minuten am Abzweig zur Schauhöhle an einer verriegelten Doppeltür auffordert unsere Helmleuchten einzuschalten. Die Meisten haben batteriebetriebene Leuchten, einige jedoch sogenannte Karbidleuchten mit offener Flamme. Nachdem uns allen ein Licht aufgegangen ist, gewährt uns Franz den Eingang zum Höhlensystem - aus der Traum von der Schauhöhle. Nachdem sich die beiden Türen hinter uns schließen, gibt es kein Zurück mehr. Beeindruckende Stille, reglose Seen, rauschende Bäche und bizarr geformte Steine locken uns in eine unbekannte, geheimnisvolle Welt.
    Nur dem Licht der eigenen Helmlampe folgend, führt uns der Weg immer tiefer ins Innere der Erde. Wir überwinden Höhen und Tiefen und sind begeistert, was man nicht als Team so alles meistern kann. Einige sind dabei flink wie die Eichhörnchen und andere eher vorsichtig und bedacht. Gut das es nicht so hell ist und man nicht alle Gefahren deutlich sehen kann. Wir müssen über schmale Planken und Drahtseile balancieren, an Leitern senkrecht herauf und herunter klettern und uns durch enge Stellen zwängen.      
Zwischendurch, wenn es besonders spannend wird, verlauten Sprüche wie: "10 % Schwund sind normal", "20 % auf alles außer Tiernahrung" oder "wie geil ist das denn". Daniel entpuppt sich als flinker Klettermaxe mit der Gewandtheit eines Eichhörnchens und wird von Franz ob seines Talents sogar auf Extratouren geschickt. Nach 3 Stunden sind wir überglücklich, als wir zwar erschöpft, aber mit Stolz geschwellter Brust wieder den Ausgang erreichen, und uns der riesige Temperaturunterschied von 24 °C wie eine Keule trifft.
An den Abend kann ich mich nicht mehr so recht erinnern, ich glaube es war feucht und fröhlich und der lauwarme Martini ist mir nicht bekommen.
 
Glücklicherweise können wir am nächsten Tag etwas länger schlafen, da unsere Lucky Luke Canyoing Tour mit Guide Christian erst gegen 13:00 Uhr startet.
Einige hatten vor Antritt der Reise das Kleingedruckte wohl nicht gelesen und dachten es handelt sich bei Canyoing um so was wie ein Kaffee- oder Butterfahrt mit Wolldeckenverkauf auf der Lahn. Pfeifendeckel - weit gefehlt - alles andere als ein Spaziergang.
Der scheinbar wissende VCL-Vorstand hatte seine 5 Teilnehmer an der Wochenendtour mit einer kleinen Aufmerksamkeit bedacht und die Fünf mit jeweils einer Tube Mobilatcreme (für Sportverletzungen) ausgestattet - nicht nur eine nette Geste, sondern eine nützliche und gut zu gebrauchende Sache, wie sich zeigen sollte. Diese Abenteuertour war kein Kegelausflug und auch kein Hallenmikado. Besonders der Teil der Canyoningtour war nicht ohne, was die Verletzungs- und sonstigen Risiken betraf.
Noch Mal zur Erläuterung, Canyoning bedeutet Schluchteln und das heißt, dass man in einem steilen und "schluchtigen" Bergbachbett in Fließrichtung dem Bachlauf folgt. Ja, richtig gelesen, im Bachbett nicht daneben. Das Berbachwasser ist nass und kalt, und man muss sich abseilen, klettern, schwimmen, springen, treiben lassen etc.. Wie kommt man bloß auf solche Ideen?
    Bevor wir zu elft wie die Sardinen in der Büchse im Geländefahrzeug unsere Plätze einnehmen können, um zum Ausgangspunkt gefahren zu werden, von wo uns noch ein 30-minütiger Aufstieg zum Einstieg in die Tour bevorsteht, heißt es zunächst Einkleiden und Ausrüsten. Neoprenanzug, Neoprensocken, Helm und Achter, festes Schuhwerk und die Ermahnung: kein Pipi in den Anzug!
So ein Neoprenanzug macht einen schlanken Fuß und erinnert eher an einen Presskopf oder eine Salami in Latex. Damit das Ganze ein wenig versöhnlicher wird, haben einige Damen dann noch Farbwünsche bei der Schwimmwestenauswahl.

Nach erfolgtem Aufstieg und letzter Pipi-Gelegenheit - eine kurze Einweisung in die Handhabung des Achters und die Seilführung beim Abseilen, und schon geht's zur ersten 8 m tiefen Abseilstelle im Wasserfall. Oh Schreck - und ich dachte das sei ein Witz von Christian. Wir haben gar keine Gelegenheit nachzudenken, es geht nach der Devise "friss oder stirb".

    Nachdem diese erste Stelle von allen gemeistert wurde, haben alle Lust auf mehr. Der Adrenalinspiegel ist bereits deutlich erhöht und soll uns noch anderes meistern lassen. Die zweite Abseilstelle hat dann schon 22 m Höhenunterschied, und auch Sprünge aus 4-5 m folgen.
Mit einigen Blessuren, aber "gesund und munter" haben wir das Abenteuer bestanden. An einer Stromschnelle erwischt es dann einige von uns unsanft, als sie durch einen plötzlichen Linksdrall der Wassermassen gegen einen Felsen geworfen werden, was nicht nur einen heftigen Schmerz beschert sondern auch einen riesigen Pferdekuss auf dem linken Oberschenkel zur Folge hat. Mit einem gewissen Stolz, ob der erbrachten und abverlangten Leistung sowie dem oft besiegten inneren Schweinehund, verlassen wir, die Gruppe Fink, überglücklich und wehmütig den Abenteuerpfad.
    Oft ging es an die Grenzen dessen, was jeder Einzelne leisten konnte und vermochte. Ich für meinen Teil hatte mehr als ein Mal das Herz in der Hose und richtig Schiss .

Nach Abschluss der Tour war mir dann klar, warum die Tour den Namen Lucky Luke hatte. "I'm a poor lonesome cowboy, and a long way from home, but still alife and lucky".

Zurück bei den Straubs heißt es dann noch unsere Neoprenklamotten waschen, desinfizieren und uns heiß duschen und Reise fertig machen.

Die Tour verlangte uns viel an Energie ab. Zum Einen weil es anstrengend war und zum Anderen, weil der Körper trotz Neoprenausrüstung im kalten Bachwasser viel an Wärme zur Erhaltung der Körpertemperatur produzieren musste. Bei mir als insulinpflichtigem Diabetiker hatte das zur Folge, dass ich 600 Kilokalorien in Form von Traubenzucker (sage und schreibe 24 Täfelchen) während der Tour nachwerfen musste, um keine Unterzuckerung zu bekommen.
Alle haben nach der Tour mächtig Kohldampf und kompensieren den Kalorienverlust im Anschluss bei einem üppigen, regionstypischen Essen unter sehr, sehr alten und riesigen Kastanienbäumen im Gasthof "Zur alten Post" bevor wir endgültig auf Wiedersehen sagen müssen.

Wir haben uns vom ersten bis zum letzten Tag gesteigert und uns jeweils etwas mehr abverlangt. Die Reihenfolge war eigentlich gut gewählt, hätten wir nicht noch die fünfstündige Rückfahrt nach dieser Anstrengung vor uns gehabt. Ein Himmelreich für ein Bett.
Übereinstimmende Meinung war, dass es super war und wir Ähnliches und Neues gerne wieder bei den Straubs erleben möchten.

Soweit mein Bericht über die Grenzerfahrungen

Euer Rudolf
Alias Rufeus oder Rufolz

   

  // rl